Ich bin nicht abergläubisch, aber nach drei hintereinander verlorenen Finalen kann mir keiner erzählen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Da Korruption, Spielmanipulation oder Mauscheleien nicht in Frage kommen (wir sind ja nicht in Italien), gibt es nur eine Erklärung für diese Misere: Die TSG wurde vom Guttmann-Fluch belegt.
Für die Unwissenden: Als Guttmann-Fluch wird ein verbürgter Ausspruch des ehemaligen Fußballtrainers von Benfica Lissabon, Béla Guttmann, beschrieben. Dieser prophezeite dem Verein 1962 nach seinem nicht einvernehmlichen Abgang, „in Europa 100 Jahre keine Titel mehr zu gewinnen“. Zuvor hatte Guttmann Benfica sensationell zwei Mal zum Gewinn des Europapokals der Landesmeister geführt und dadurch erstmals die seit Beginn des Wettbewerbs anhaltende Siegesserie von Real Madrid beendet. Seitdem verlor Benfica alle in internationalen Vereinsfußballwettbewerben erreichten Finalspiele.
Im Glaube, dass dies nur ein Hirngespenst von mir ist, war ich optimistisch bezüglich der nächsten Herausforderung aus Dietersheim.
Die Spielvereinigung ist ein ernstzunehmender Gegner, harte Brocken wie Saulheim, Bodenheim und Ober Olm hatte sie in diesem Pokalwettbewerb eliminiert. Aber auch die 46er konnten ein sehr gutes Curriculum vorweisen, sie setzten sich gegen Laubenheim, Weinheim und Finthen durch.
Auch wenn das Durchschnittsalter vom Kader weit über 32 Jahre ist, konnte Sven Wahnsiedler auf fast alle Top Player (ich bin leider immer noch verletzt) der Mannschaft zurückgreifen. Die Anfangsformation sah wie folgt aus: De Lang im Tor, Jan, Thömmes, Sebastian und Paetz in der Abwehr; Eugen, Marc, Eule, Steffen und Kristian im Mittelfeld; als Rammbock Eichi. Zur Verfügung standen: André, Andreas, Christoph, Franz, Korni und Markus.
Die Taktik vom Coach war einfach: erstmal abwarten und den Gegner kommen lassen, um zu sehen, wie sich das Spiel entwickelt. So wie es aussah, hatte Dietersheim die gleiche Idee und machte keine großen Anstalten, das Spiel gestalten zu wollen. Die TSG nahm es dankend an und begann, Druck aufzubauen. Die erste gefährliche Torchance hatte aber die SpVgg: Fehlpass im Mittelfeld, der Stürmer kann im Lauf de Lange überrennen, trifft aber den Ball nicht richtig, so dass Jan noch klären kann. Nächste Situation: Nach einem schönen Fallrückzieher des Dietersheimer Spielers kann der 46er Schlussmann mit einer Glanzparade den Ball ins Aus klatschen. Für Alex Paetz war durch eine Zerrung die Begegnung frühzeitig vorbei, Arno kam für ihn ins Spiel. Die Bretzenheimer hatten einen größeren Spielanteil und konnten den Gegner in ihre eigene Hälfte drücken, waren aber in den letzten 20 Metern zu harmlos, dies auch bedingt durch eine sehr gute Abwehrarbeit der Grünen. Jeder Ball wurde umkämpft und es kam auch etwas Härte ins Spiel. Die einzig gute Möglichkeit für die Mainzer kam durch Kristian Naglo: nach einer Ecke bekam er im Strafraum völlig frei und unverhofft den Ball auf den Fuß, der darauf folgende Schuss flog aber über die Latte. Kurze Zeit später war der erste Durchgang dann zu Ende.
Capitano fungierte heute als Linienrichter, aber so einen hat man auf dem Fußballplatz noch nie gesehen: mit Schlappen und freiem Oberkörper.
Die Frauen hatten was zu gucken 😉
Von der Seitenlinie hatte Markus alles unter Kontrolle und dirigierte seine Männer wie in einem Orchester. Jan, Arno, Sebastian und Thömmes waren die Fagotten, die am Ende so platt waren, dass sie aus allen Löchern pfiffen. Auf der Außenbahn Steffen und Eugen, die zwei Flöten, da ihre Gegenspieler gegen sie immer flöten gingen. Die Spielweise von Marc erinnerte stark an den graziösen Klang einer Harfe. Eule und Kristian verkörperten die zwei Hörner, die immer zum Vormarsch bliesen. Eichi als Klavier konnte so schnell wie ein Pianist die Finger auf die Tasten drückt seine Beinbewegungen ausführen. Andé, Andreas, Christoph, Franz und Korni waren als Violinen unterwegs, sie benutzten ihre Bögen schnell und wendig. Egal, welche Bögen…
Die hohen Temperaturen und enorme Luftfeuchtigkeit hatten beide Mannschaften in den ersten 35 Minuten viel Kraft gekostet. Die Bretzenheimer waren zwar die spielführende Mannschaft, aber nur mit sehr wenigen Torchancen. Markus machte sich bereit, ein Zeichen zu setzen, er klopfte seinen Dirigentenstab auf den Notenständer und setzte zum Walkürenritt an.
https://www.youtube.com/watch?v=Cu0d8KoWNyk
Nach Wiederanpfiff versuchte die TSG nun mit Tempo und Pressing den Gegner in die Knie zu zwingen. Die Grünen machten nach vorne nur das Nötigste, waren aber primär bemüht, den Kasten sauber zu halten. Eugen zog mit brutalem Tempowechsel und Sprints zwei, drei Gegenspieler auf sich, die es nicht einfach hatten, ihn im Zaum zu halten. Auch Steffen auf der linken Außenbahn beschäftigte die halbe Abwehr. Die Schlinge zog sich langsam zu, die verdiente Führung für die Blau-Weißen kam aber durch Glück zustande. In der 50. Minute beförderte, nach einem Eckball, der Dietersheimer die Pille ins eigene Tor. Jetzt musste man konzentriert bleiben, zwanzig Minuten noch zu spielen und man war sich bewusst, dass sich die SpVgg nicht so einfach geschlagen geben würde. Die Grünen warfen sich nach vorne, aber zu unkoordiniert und kopflos waren ihre Angriffe. Dies ließ für die 46er Platz für Konter. Eugen rennt im gegnerischen Strafraum alleine aufs Tor zu, dem Abwehrspieler bleibt nichts anderes übrig, als ihn mit einem Foul kurz vor dem Strafraum zu Fall zu bringen. Da er schon mit Gelb vorbelastet war, musste der Dietersheimer mit Gelb/Rot den Platz verlassen. Obwohl in der Unterzahl ließen die Grünen nicht locker. Nach einem Freistoß vor den 16er rettet de Lange noch das Ergebnis. Der Schuss flog platziert in die obere rechte Ecke vom Torwart. Sven springt mit seinen 2,10 Metern gefühlte 3 und kann den Ball noch ins Aus klatschen. Sensationell. Kurz vor Schluss hätte Eichi noch das Entscheidungstor schießen können. Drei Meter vor dem Tor bekam er ein kurzes Zeitfenster, den Ball ins Tor zu befördern, zu viel nachgedacht, Chance vertan. In der 70. Minute sprintet der „Unbreakable Man“ alias Eugen auf der linken Seit los. Wird einmal gefoult, er fällt nicht, Schiri pfeift nicht. Drei Meter weiter wird er zum zweiten Mal gefoult, er fällt nicht, Schiri pfeift nicht. Im Strafraum wird er zum dritten Mal gefoult, diesmal fällt er, Schiri pfeift: Strafstoß. Eichi, ohne mit der Wimper zu zucken, verwandelt den Elfer. Am Ende ein verdienter Sieg, wenn wir beim Thema Musik bleiben wollen, gingen letztendlich die Dietersheimer mit Pauken und Trompeten unter.
Es war vollbracht: Endlich – nach einer langen Durststrecke -, konnten die TSGler den Pokal wieder in den Himmel heben. Man feierte dann ungezügelt bis in die Nacht. Wie es aussieht, gab es doch keinen Fluch, man kann ja aber ein wenig abergläubisch sein;)
Spielbericht von David „Rambo“ Bellini
P.S. Inzwischen hat Benfica acht Europapokalfinale in Folge verloren. Nur Juventus Turin ist mit aktuell zehn verlorenen Endspielen noch erfolgloser (What a fuck!)
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